flucht
Meine abreise verlief ebenso unspektakulär wie mein ankommen. auch wunderte ich mich über meine absolute teilnahmslosigkeit gegenüber den menschen und dingen, die mir während meines zweimonatigen aufenthaltes in der genesungsanstalt widerfuhren. einzig dr. brodesser schien wichtig und der gedanke an ihn ergoss sich in einem harten strahl der empörung über meinen leib. ich war dem manne zu diensten, er labte sich an mir, zwang mich in die lustqual nächtlichen schweigenmüssens und machte mich damit wund und gierig und entledigte sich dann meiner scheinbar ganz ohne grund.
da standen wir nun, mein koffer und ich, vor dem großen tor, eine fahle wintersonne als herold des nahenden frühlings, welcher meine knospen jedoch nicht zur blüte trieb sondern bloß verkümmern ließ. ein auto fuhr vor und spuckte mir meine mutter vor die füße. mir war kaum nach reden zu mute, doch zwang ich mich zu würdevoller haltung, lächelnd um eine sorglose seele bemüht. kissen reden nicht und tücher und kleider, über alles hatte ich mein leid geworfen, einfach abstreifen und wegwerfen und sein. später...
die fahrt schweigend, kilometer um kilometer, landschaften zogen vorbei, sichtbar aber nicht greifbar, begreifbar, antastbar, unantastbar. „du wirst einiges nachholen müssen, willst du dein abitur noch schaffen. vielleicht ist es besser, du wiederholst das jahr.“ ein jahr, das ist sonne, wind, regen, nebel, schnee, das heißt aufstehen, sitzen, zuhören, reden, schreiben und den geist füllen und das herz leeren und die zeit fressen und das leben rückt weiter, verliert sich oder ich mich in ihm...
zu hause rettete ich mich sogleich in mein zimmer. gab es ein entkommen oder sollte ich mein dasein weiterhin im aquarium der bürgerlichen gesellschaft fristen, an welchem sich die wohlgeratenen die nasen platt drückten, ihre finger nach mir reckten und voll wohligem abscheu „ekel“ oder „irrsinn“ rufend ihre zupassgekommene existenz rechtfertigten. nein!. und noch war mein koffer gepackt. die familie mit sich beschäftigt. lautlos schlüpfte ich hinaus, das gepäck mit fester hand geschultert, in der anderen hand ein paar stiefel, der winter lies nicht los, noch nicht, und wieder hieß es still, kein geräusch und unruhe kroch mir in den leib und hetzte den atem, machte schwindel und lust. nur noch ein schritt, hin zur tür, und bleib doch still und hinaus durch den wirtschaftraum und flink in die garage. herum, hinten, nur herum, und sei doch still du liebes herz und renn mir nicht davon. die straße herauf, schlendernd, niemand weiß, soll ahnen, nur weiter zum bahnhof und laut klopft das herz und treibt den schritt und der schritt treibt das herz. da ist er schon, der rettende steig und wenn er nur kommt, der eisenhans, mit schnaufender schnauze und stählernem schritt, schnell hinein, das ziel, welches ziel, nur fort und hinweg und weit und schnell rattatam, rattatam, rattatam...
ich sitze im abteil, meinen koffer neben mir auf dem sitz, kopf und schulter daran gestützt. mir gegenüber ein herr mit müdem gesicht, bartlos unter breitkrempig behütetem haupt, daran ein paar haare wie silber, schwarzdurchwirkte brauen beschließen die furchige stirn, seine nase ist fein, lang und gerade, die wangen glatt, der mund groß, das kinn schön geschwungen. ich möchte ihn küssen, da greift er zur zigarre, fängt meinen blick, zögert doch dann die frage „darf ich?“ und da brennt sie auch schon und der blaue rauch mischt sich mit der farbe seiner haare sein atem schickt ihn zu mir, er wässert die augen und kitzelt die nase „hatschi“ nud da fliegt mir schon ein taschentuch entgegen, groß, weiß und von feinstem linnen. w steht da dunkelrot gestickt. das gesicht lächelt und ich schnäuze mich und mein gesicht lächelt zurück und sein mund bläst blaue wolken und ich möchte ihn immer noch küssen...
da standen wir nun, mein koffer und ich, vor dem großen tor, eine fahle wintersonne als herold des nahenden frühlings, welcher meine knospen jedoch nicht zur blüte trieb sondern bloß verkümmern ließ. ein auto fuhr vor und spuckte mir meine mutter vor die füße. mir war kaum nach reden zu mute, doch zwang ich mich zu würdevoller haltung, lächelnd um eine sorglose seele bemüht. kissen reden nicht und tücher und kleider, über alles hatte ich mein leid geworfen, einfach abstreifen und wegwerfen und sein. später...
die fahrt schweigend, kilometer um kilometer, landschaften zogen vorbei, sichtbar aber nicht greifbar, begreifbar, antastbar, unantastbar. „du wirst einiges nachholen müssen, willst du dein abitur noch schaffen. vielleicht ist es besser, du wiederholst das jahr.“ ein jahr, das ist sonne, wind, regen, nebel, schnee, das heißt aufstehen, sitzen, zuhören, reden, schreiben und den geist füllen und das herz leeren und die zeit fressen und das leben rückt weiter, verliert sich oder ich mich in ihm...
zu hause rettete ich mich sogleich in mein zimmer. gab es ein entkommen oder sollte ich mein dasein weiterhin im aquarium der bürgerlichen gesellschaft fristen, an welchem sich die wohlgeratenen die nasen platt drückten, ihre finger nach mir reckten und voll wohligem abscheu „ekel“ oder „irrsinn“ rufend ihre zupassgekommene existenz rechtfertigten. nein!. und noch war mein koffer gepackt. die familie mit sich beschäftigt. lautlos schlüpfte ich hinaus, das gepäck mit fester hand geschultert, in der anderen hand ein paar stiefel, der winter lies nicht los, noch nicht, und wieder hieß es still, kein geräusch und unruhe kroch mir in den leib und hetzte den atem, machte schwindel und lust. nur noch ein schritt, hin zur tür, und bleib doch still und hinaus durch den wirtschaftraum und flink in die garage. herum, hinten, nur herum, und sei doch still du liebes herz und renn mir nicht davon. die straße herauf, schlendernd, niemand weiß, soll ahnen, nur weiter zum bahnhof und laut klopft das herz und treibt den schritt und der schritt treibt das herz. da ist er schon, der rettende steig und wenn er nur kommt, der eisenhans, mit schnaufender schnauze und stählernem schritt, schnell hinein, das ziel, welches ziel, nur fort und hinweg und weit und schnell rattatam, rattatam, rattatam...
ich sitze im abteil, meinen koffer neben mir auf dem sitz, kopf und schulter daran gestützt. mir gegenüber ein herr mit müdem gesicht, bartlos unter breitkrempig behütetem haupt, daran ein paar haare wie silber, schwarzdurchwirkte brauen beschließen die furchige stirn, seine nase ist fein, lang und gerade, die wangen glatt, der mund groß, das kinn schön geschwungen. ich möchte ihn küssen, da greift er zur zigarre, fängt meinen blick, zögert doch dann die frage „darf ich?“ und da brennt sie auch schon und der blaue rauch mischt sich mit der farbe seiner haare sein atem schickt ihn zu mir, er wässert die augen und kitzelt die nase „hatschi“ nud da fliegt mir schon ein taschentuch entgegen, groß, weiß und von feinstem linnen. w steht da dunkelrot gestickt. das gesicht lächelt und ich schnäuze mich und mein gesicht lächelt zurück und sein mund bläst blaue wolken und ich möchte ihn immer noch küssen...
immekeppel - 10. Jul, 22:43
nico68 (Gast) - 11. Jul, 16:30
Verführerische Gestalt..
Vielen Dank für die Grüße.
Aufregende Gestalten jedenfalls ;-)
Aber mit Psychotherapie ist das ja nicht wirklich kompatibel - will meinen nicht erlaubt. Was schon C.G. Jung nicht daran gehindert hat mit S. Spielrein eine Affäre zu haben, die ja auch zuerst seine Patientin, später seine Kollegin war.
Aber ich würde erotische Erlebnisse mit Nicht-Patientinnen
doch vorziehen. Aber die wenigsten kommen schließlich mit der Vorgeschichte zu uns ;-)
Aufregende Gestalten jedenfalls ;-)
Aber mit Psychotherapie ist das ja nicht wirklich kompatibel - will meinen nicht erlaubt. Was schon C.G. Jung nicht daran gehindert hat mit S. Spielrein eine Affäre zu haben, die ja auch zuerst seine Patientin, später seine Kollegin war.
Aber ich würde erotische Erlebnisse mit Nicht-Patientinnen
doch vorziehen. Aber die wenigsten kommen schließlich mit der Vorgeschichte zu uns ;-)
immekeppel - 11. Jul, 16:36
vorteil
man ist klar im vorteil, wenn man sich mit nichtpatienten einläßt, denn die patienten müssen eventuell länger bleiben, wie es einm am ende vielleicht lieb ist. es sei denn, man hat alleingewalt wie meine figur und entlässt sie einfach als gesund...
ansonsten gründen wir einfach eine gestaltspsychologische vhs-gruppe, da ist es dann auch schon wieder egal ;)
ansonsten gründen wir einfach eine gestaltspsychologische vhs-gruppe, da ist es dann auch schon wieder egal ;)
immekeppel - 11. Jul, 16:39
ach so
zur sprache, ich verstehe sie hier als ein erzähltechnisches experiment - semiotisch wie semantisch - mal sehen, wie so ein mix zwischen bürgerlichem realismus, grimms märchen und expressionismus einherkommt
nico68 - 11. Jul, 16:47
Nun ist diese Patientin ja auch gesund - zumindest gibt es keine "Rückhaltegründe", sie gegen ihren Willen dazubehalten...
Und das mit den Patientinnen hat noch viele Facetten über die Verweildauer hinaus. Es sind aber auch nur relativ wenig wirklich attrakrive Frauen dabei ;-)
Zur Sprache: Das Märchen kommt für mich noch nicht so deutlich - höchstens für den Arzt ;-).
Aber der bürgerlöiche Realismus (nur auf die Sprache bezogen, das soll keine Beleidigung sein ;-) ) ist recht deutlich, es geht in Richtung T. Mann.
Die Themen geht mehr in den Bereich der Trivialliteratur, was Deine Texte so spannend macht, weil der Bogen so groß ist. Zum expressionismus kann ich nicht viel sagen, wüsste gar nicht welche Literaten ich da suchen sollte, kenne den Begriff mehr aus der bildenden Kunst, aber ich bin ja schließlich kein Literaturwissenschaftler...
Und das mit den Patientinnen hat noch viele Facetten über die Verweildauer hinaus. Es sind aber auch nur relativ wenig wirklich attrakrive Frauen dabei ;-)
Zur Sprache: Das Märchen kommt für mich noch nicht so deutlich - höchstens für den Arzt ;-).
Aber der bürgerlöiche Realismus (nur auf die Sprache bezogen, das soll keine Beleidigung sein ;-) ) ist recht deutlich, es geht in Richtung T. Mann.
Die Themen geht mehr in den Bereich der Trivialliteratur, was Deine Texte so spannend macht, weil der Bogen so groß ist. Zum expressionismus kann ich nicht viel sagen, wüsste gar nicht welche Literaten ich da suchen sollte, kenne den Begriff mehr aus der bildenden Kunst, aber ich bin ja schließlich kein Literaturwissenschaftler...
immekeppel - 11. Jul, 17:02
expressionistische literaten
nun, dann kannst du gleich bei den (nerven)ärzten suchen, döblin oder auch benn, musil etc
wobei die leitliteratur des expressionisten eindeutig die lyrik ist
wobei die leitliteratur des expressionisten eindeutig die lyrik ist
BlogBar - 11. Jul, 23:43
Das Kommentieren scheint tatsächlich
von den Einstellungen abzuhängen. Ich habe mich auch schon ein wenig darüber gewundert, kann es mir aber nicht erklären. Medienjunkie wird`s vielleicht wissen??
Liebe Grüsse
LuLu
Liebe Grüsse
LuLu
nico68 - 12. Jul, 10:47
Danke für die Nachhilfe - Lyrik war noch nie meine Stärke ;-)
Aber Musil habe ich immerhin schon mal gelesen...
Aber Musil habe ich immerhin schon mal gelesen...
immekeppel - 12. Jul, 11:27
nachhilfe
musil? törles? oder mann ohne eigenschaften? allerdings war musil erst im zweitstudium psychologe, vorher bauingenieur
nico68 - 12. Jul, 11:41
Du bist ja schnell im Antworten :-)
Den Törless leider nur - den Mann ohne Eigenschaften wollte ich schon lange mal lesen, aber hatte noch keine Zeit dazu. Meine Deutschlehrerin in der Schule hat mal gesagt: Die drei größten Romane dieses (also inzwischen des letzten) Jahrhunderts handeln alle von der Zeit: Der Ulysses, Der Mann ohne Eigenschaften und Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
Die beiden anderen habe ich bislang ja geschafft und finde außerdem, dass sie den vierten großen Roman, der auch ein Roman von der Zeit ist, vergessen hat: den Zauberberg. Also wird der Mann ohne Eigenschaften irgendwann mal folgen...
Den Törless leider nur - den Mann ohne Eigenschaften wollte ich schon lange mal lesen, aber hatte noch keine Zeit dazu. Meine Deutschlehrerin in der Schule hat mal gesagt: Die drei größten Romane dieses (also inzwischen des letzten) Jahrhunderts handeln alle von der Zeit: Der Ulysses, Der Mann ohne Eigenschaften und Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
Die beiden anderen habe ich bislang ja geschafft und finde außerdem, dass sie den vierten großen Roman, der auch ein Roman von der Zeit ist, vergessen hat: den Zauberberg. Also wird der Mann ohne Eigenschaften irgendwann mal folgen...
Du bist ja ein Früchtchen
dir graut jawohl vor garnix ;)
jetzt steck ich mir erst mal eine an.
mlg reinhold
vergangenheit
und zigarren sowieso, oder?
Vergangenheit
Zumindest die Gestaltpsychotherapie *g*
Wenn schon rauchen, dann bitte Pfeife oder Zigarre, da hast Du recht...
du als figur deiner geschichte
nee - im Ernst : du erzählst in ich - form, also sprech ich die figur mit 'du' an - wenn ich dich als schriftstellerin meine kommt vorher die 'korrekte anrede' liebe marion !
ja rauchen war einmal nicht nur was für ausgegrenzte randfiguren, wie mich - ich vergaß mich in die zeit zu versetzen .
liebe marion - jetzt noch ne technische Frage:
in deinem blog kann ich auf meine eigenen Kommentare antworten aber nicht auf andere Beiträge - eweng seltsam - oder ?
mlg reinhold
technik
da hab ich mich auch schon gewundert, ich geb die frage mal weiter an unsren freund medienjunkie oder die barfrau, vielleicht können die weiterhelfen, muss ja mit den einstellungen zusammenhängen oder vielleicht auch, weil du anonym eingelogged bist?
lg
marion